Gefördert werden Ideen und Konzepte, welche geeignet sind, psychisch Kranken oder Menschen mit Behinderungen unmittelbare Unterstützung in ihrem Lebensalltag zu geben. Um den Preis können sich Beschäftigte aller in der psychiatrischen Versorgung tätigen Berufsgruppen bewerben. Eine Aufteilung des Preisgeldes auf mehrere Preistragende ist möglich. Die Preisträger_innen verpflichten sich, das Preisgeld zur Finanzierung ihres Projektes zu verwenden. Der Preis kann auch als Anerkennung des Engagements einzelner Beschäftigten oder Organisationseinheiten verwendet werden. Finanziert wird das Preisgeld von den Illenauer Stiftungen aus Erträgen des Stiftungskapitals. Dieses geht größtenteils auf Zuwendungen zurück, die von Kranken, Angehörigen und Sponsor_innen zur Förderung der Illenau geleistet wurden. Die feierliche Übergabe erfolgte am 8.11.2018 im Bildungsinstitut des PZN Wiesloch, in der
Akademie im Park Aus den eingegangenen Bewerbungen hat der Verwaltungsrat u.a. zwei Projekte von Beschäftigten aus dem Psychiatrischen Zentrum Nordbaden bestimmt: „Mehr Sicherheit und Autonomie für Patienten und Mitarbeiter: Auf dem Weg zur partizipativen Akutpsychiatrie“ - Ein Projekt zur Weiterentwicklung der Akutpsychiatrie.
Preisträger: Prof. Dr. Markus Schwarz, Chefarzt und Ralf Lauterbach, Pflegedienstleiter > Klinik AP I Das Projekt zur Weiterentwicklung der Akutpsychiatrie wurde nach einer berufsgruppen- und hierarchieübergreifenden Analyse entwickelt. Es stellt eine sogenannte „Task Force“ gegen Gewalt gegen Mitarbeitende dar. Neben der Aufgabendefinition und nach einer umfassenden Ereignisanalyse wurde als erstes Ergebnis ein Spektrum an Sofortmaßnahmen eingeleitet. Des Weiteren wurden Empfehlungen ausgesprochen, Deeskalationsmanagement anzuregen, das Safeward-Modell zu implementieren, eine nachhaltige Verankerung des Motivational Interviewing voranzubringen und den Einsatz von Peers/Genesungsbegleiter_innen umzusetzen. Die aktuelle Entwicklung der Akutpsychiatrie orientiert sich an folgenden Maximen: Recovery mit Partizipation ohne Rollendiffusion; Sicherheit für alle ohne Zwang und Gewalt; Effektivität bei primär nicht vollstationärer Versorgungsform. In der Projektarbeit werden aktuelle Themen sachlich beschrieben, analysiert, Ideen/Maßnahmen formuliert und Handlungsoptionen benannt. Praxisbezug trifft auf wissenschaftlich belegte Wirksamkeit, die gegenwärtige Akutpsychiatrie auf den Verzicht der geschlossenen Türen für psychiatrische Akutstationen. „Suchtspiel der Station 40“ - Entstehung und Verlauf
Preisträger: Gerd Meinhardt, Fachkrankenpfleger für Psychiatrie, Pflegerischer Stationsleiter > Klinik Suchtherapie Ein neuer Weg, um chronisch mehrfach beeinträchtigte Abhängige (CMA) spielerisch in therapeutische Gruppen zu motivieren, mit Freude, Kommunikation und Abwechslung.
Das Suchtspiel „Station 40“ wurde von einer Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Patientinnen und Patienten entwickelt. Hierbei handelt es um ein Brettspiel, welches Sucht und Abhängigkeit erklärt. Dabei werden komplizierte Fachinformationen mit einfachen Worten verstehbar und anschaulich vermittelt. Auch für kognitiv schwächere Patienten ist das Spiel erlernbar. Das Spiel fördert Wissen, Kommunikation, soziales Miteinander, Konzentration und Durchhaltvermögen. Es kann stationsübergreifend genutzt und individuell angepasst werden. Der selbstverantwortliche Umgang mit der Krankheit wird gefördert. Darüber hinaus ist es auch noch kostengünstig. HintergrundinformationenGeschichte der Heil- und Pflegeanstalt Illenau
Als es noch gang und gäbe war, psychisch Kranke in „Zucht-, Irren-, Toll- oder Waisenhäusern“ zu verwahren, ersann der Arzt Christian Friedrich Wilhelm Roller (1802–1878) ein völlig neues Konzept: eine Musteranstalt in ländlicher Atmosphäre mit einer vorgelebten, idealen Ersatzfamilienstruktur. Auf der grünen Wiese entstand unter seiner Leitung die Großanstalt Illenau bei Achern (Nähe Baden-Baden). Als bahnbrechend erwies sich nicht nur der „Illenauer Geist“ als Behandlungskonzept, sondern auch die Architektur der Klinik im Baustil des Korridorsystems mit unterschiedlichen Gebäudeachsen für Männer und Frauen und für heilbar und unheilbar Kranke. Das Erfolgsmodell setzte sich in den Psychiatrien weit über Europa hinaus durch. Während ihres fast 100-jährigen Bestehens hatte die Illenau einen Sonderstatus zwischen Universitäts- und Landesklinik – einmalig in Deutschland. Die Nationalsozialisten setzten der Heil- und Pflegeanstalt ein Ende. Im Gegensatz zu den Universitätskliniken wurde sie in die Euthanasie mit einbezogen und viele ihrer Patient_innen starben in den Gaskammern. Im Oktober 1940 wurde die Illenau geschlossen. Illenauer Stiftungen
Neun verschiedene Stiftungen mit den unterschiedlichsten Stiftungszwecken bestanden auch nach der Schließung der Illenauer Klinik 1940 weiter fort. Doch sollten diese dann den ehemaligen badischen Anstalten Emmendingen, Wiesloch und Reichenau zufließen. Die Stiftungszwecke wurden entsprechend verändert. Auch der Sitz und die Verwaltungen sämtlicher Stiftungen wurden an das ehemalige Psychiatrische Landeskrankenhaus Emmendingen verlegt. 2001 konnten diese schließlich in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Freiburg als „Illenauer Stiftungen“ zusammengeführt und ihre Zielrichtung neu definiert werden. Christian Roller Preis
Namensgeber ist Christian Roller (1802–1878), Begründer und erster Direktor der Großherzoglichen Heil- und Pflegeanstalt Illenau bei Achern. Mit seinen damals unkonventionellen Ansätzen gilt er auch heute noch als Pionier der modernen Psychiatrie.