Luftaufnahme vom Psychiatrischen Zentrum Nordbaden

PZN-Gedenkveranstaltung an die NS-Opfer bewegte - Erinnerung und Mahnung

Am 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz fand im PZN die musikalische Lesung mit dem Titel "Wir dürfen nicht erlauben, dass so etwas passiert!" statt.

Rund 120 Gäste fanden am 27. Januar 2025 den Weg zur Veranstaltung in die Festhalle des PZN. Der Gedenktag wird im jährlichen Wechsel vom PZN und der Stadt Wiesloch organisiert.

Die Ärztliche Direktorin Dr. Jutta Kammerer-Ciernioch und Pflegedirektor Walter Reiß begrüßten gemeinsam die Gäste. Sie erinnerten daran, wie wichtig das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ist und wie sehr die damaligen Geschehnisse uns heutzutage verpflichten, die Gegenwart und gesellschaftlichen Strömungen kritisch zu hinterfragen. Vom Areal des PZN, der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch, die eigentlich Schutzraum für Hilfsbedürftige und Hilfesuchende hätte sein sollen, wurden knapp über 2000 Patientinnen und Patienten in grauen GEKRA-T Bussen nach Grafeneck und Hadamar transportiert und dort systematisch getötet.

Walter Reiß berichtete von Erfahrungen, die er mit Pflegeschüler*innen der Pflegefachschule BZG in Auschwitz gemacht hat. "Die Reaktionen waren geprägt von Fassungslosigkeit, Verwirrung, Scham, Erschrecken und auch Wut. Eine Zumutung für Alle, aber auch eine wichtige Erfahrung, die dazu beitragen kann, für Menschenrechte, Toleranz und Verständigung einzutreten" fasste Reiß zusammen.

Dr. Jutta Kammerer-Ciernioch nahm Bezug auf eine der jüngsten politischen Forderungen, der Einrichtung eines Registers für psychisch kranke Straftäter*innen. Sie fragte nachdenklich, nach welchen Kriterien wohl so ein Register angelegt werden würde? Würde darin jeder Straftäter geführt werden, der dann später einmal psychisch krank werde und wer nähme Zugriff auf Patientenakten, die bisher unter anderen aus eben diesen Gründen, derer wir gerade gedenken, ein strengstens gehüteter Bereich sind? Sie beendete ihre Rede mit dem Appell​​ "Seien wir wachsam, gerade im Hier und Jetzt, auf dass wir nicht wieder einem schleichenden System der Entmenschlichung entgegen sehen."

Wieslochs Bürgermeister Ludwig Sauer und sein Kollege der Partnerstadt Fontenay-aux-Roses, Dominique Lafon, erinnerten an die Bedeutung des Schutzes der Demokratie in Zeiten, in denen diese durch z. B. Kriege, Terrorismus, Angriffe auf die Freiheit, den Aufstieg von Extremisten​ oder einzelnen Oligarchen, abhanden zu kommen drohe.

Im Mittelpunkt der Lesung standen Auszüge aus den Schilderungen der französischen Psychiaterin und Holocaust-Überlebenden Adélaïde Hautval. Hautval war keine Widerstandskämpferin. Sie übte weder Sabotage gegen die Besatzer, noch beteiligte sie sich am bewaffneten Kampf. Die mutige elsässische Ärztin passte sich nicht dem Antisemitismus und Rassismus des Vichy-Regimes an. Sie zeigte Zivilcourage, wo die meisten schwiegen. Ihre Erlebnisse aus dieser grauenhaften Zeit in Auschwitz veröffentlichte die Ärztin später in ihrem Buch "Medizin und Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Wir dürfen nicht erlauben, dass so etwas wieder passsiert!

Lesende: Eva Andreas (Koordinatorin für Ethikberatung (K2) und Pflegefachkraft, PZN), Holger Andreas, Gymnasiallehrer und Theaterpädagoge, Christian Bott (Kath. Klinikseelsorger am PZN), Jean Keller (Chefärztin Beratungs- und Behandlungszentrum, PZN).

Musik: Die kraftvollen, ausdrucksstarken Zwischenstücke der Musiker Thomas Fritzler (Schlagwerk, Vibraphon) und Samuel S. N. Cho (Flügel) ließen die vorgetragenen Textfragmente lebendig erscheinen.​ 

Die Veranstaltung endete mit dem Gang zum Mahnmal an die NS-Opfer. Klinikseelsorgerin Birgit Decker bat die Anwesenden um ein gemeinsames Gebet, das von den Kirchenglocken der PZN-Kirche begleitet wurde.

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