Regina Wolbert wusste schon als Kind, was sie einmal werden wollte: Krankenpflegerin in der Psychiatrie. Als Tochter des Apothekenleiters ging sie in der Landesklinik Nordschwarzwald, heute Zentrum für Psychiatrie Calw, ein und aus. Und da der Apfel bekanntlich nicht weit vom Baum fällt, absolvierte sie dort nach ihrem Realschulabschluss eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin. Das Examen frisch in der Tasche und in Aufbruchstimmung machte sie sich auf die Suche nach einem passenden Umfeld für ihren Start ins Arbeitsleben. Dieses fand sie im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch.
Vor elf Jahren begann die heute 31-Jährige auf einer Station der PZN-Klinik für Suchtherapie und Entwöhnung zu arbeiten. Gleich in den ersten Tagen flatterte ihr ein Infoblatt in die Hände. Darin wurde eine attraktive Fachweiterbildung beschrieben, für die zwei Jahre Berufserfahrung erforderlich waren. Für sie stand fest: „Diese Chance werde ich ergreifen.“ Gesagt, getan! Als Teilnehmerin des Fachweiterbildungskurses Psychiatrie, der 2004 in der Akademie im Park, dem Bildungsinstitut des PZN, startete, hatte sie es mit anspruchsvollen Inhalten zu tun. Das lag nicht zuletzt an der Kursleiterin, die als Pflegewissenschaftlerin stets den neuesten Stand der Forschung im Blick hatte. Dieser „Drill“ sollte sich später bezahlt machen.
Nach einem weiteren Jahr Praxiserfahrung auf einer Station für Chronisch mehrfacherkrankte Abhängige wurde ihr, im Alter vom 25 Jahren, die Leitung einer Reha-Station für alkohol- und medikamentenabhängige Patient*innen übertragen. „Als junger Hüpfer war ich voller Tatendrang und habe dabei wohl ziemlichen Wirbel verursacht. Doch die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen in meinem Team haben mir stets die Stange gehalten. So haben wir gemeinsam wichtige Anliegen vorangebracht,“ erinnert sie sich dankbar.
Kaum zwei Jahre später eröffnete sich die nächste Chance. Nachdem sie eine Informationsveranstaltung über akademische Qualifizierung in der Pflege in der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart besucht hatte, startete am PZN die erste Ausschreibung für ein Nachwuchsförderprogramm für Mitarbeiter*innen in der Pflege am PZN. Im Rahmen dieses Programms, das seither alle zwei Jahre ausgeschrieben wird, erhalten talentierte Pflegekräfte über vier Jahre hinweg individuelle Fördermaßnahmen. Im Fall von Regina Wolbert sollte dies der Bachelor-Abschluss in der Pflegewissenschaft sein, den sie berufsbegleitend ohne Gehaltseinbußen erlangen konnte. Die Zugangsvoraussetzung für das duale Studium erfüllte sie, dank der Fachweiterbildung, auch ohne Abitur.
Auf ihre Bewerbung folgte ein strenges Auswahlverfahren. „Warum sollen wir ausgerechnet Sie fördern, wo es doch auch verdiente ältere Kandidat*innen für unser Förderprogramm gibt?“ fragte PZN-Pflegedirektor Walter Reiß im Auswahlgespräch. Ihre spontane Antwort: „Na das liegt doch auf der Hand! Gerade weil ich so jung bin, lohnt sich die Investition. Ich stehe noch 40 Arbeitsjahre für die Pflege zur Verfügung.“ Überzeugen konnte sie nicht nur mit ihrer Schlagfertigkeit, sondern auch mit der Art und Weise, wie sie ihre Fähigkeiten in praxisbezogenen Aufgaben unter Beweis stellte. Insgesamt gab es acht Förderzusagen, und sie war dabei.
Vor neun Monaten musste sie eine kurze Pause einlegen, denn ihr Sohn kam auf die Welt. Trotzdem konnte sich die junge Mutter Anfang des Jahres mit den Programm-Verantwortlichen und -Teilnehmenden über den erfolgreichen Abschluss der Fördermaßnahmen freuen. Nach ihrer Elternzeit wird Regina Wolbert dem PZN ab Januar 2020 wieder zur Verfügung stehen. Ihre Entscheidung für den Pflegeberuf hat sie noch keinen Tag bereut. „Junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen, sollten sich die Pflege nicht schlechtreden lassen“, sagt sie. „Die Möglichkeiten sich weiterzuentwickeln sind enorm vielseitig. Und in welchem Beruf gibt es schon eine absolute Jobgarantie?“