Die Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch wird bis Mitte 2015 50 neue Plätze zur Maßregelbehandlung von Suchtkranken einrichten. Mit diesem Beschluss löst das baden-württembergische Sozialministerium einen landesweiten Versorgungsengpass bei der richterlich angeordneten Unterbringung von Straftätern in einer Entziehungsanstalt.
Bereits heute hält das PZN als eines der sieben baden-württembergischen Zentren für Psychiatrie mit Maßregelvollzug ein umfassendes Versorgungsangebot für psychisch kranke Straftäter vor. Im Jahr 2012 wurden in Wiesloch 244 Straffällige, die als vermindert schuldfähig oder als schuldunfähig eingestuft wurden, kriminaltherapeutisch behandelt. Bei dieser nach § 63 StGB angeordneten Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus gibt es keine zeitliche Befristung. Ziel der Maßnahme ist es jedoch, den ehemaligen Tätern eine Chance zur Rückkehr in ein straffreies Leben innerhalb der Gesellschaft zu eröffnen.
Das neu zu schaffende Unterbringungs- und Behandlungsangebot nach § 64 richtet sich an jene Personen, die aufgrund oder im Zusammenhang mit ihrer Suchterkrankung eine Straftat begangen haben. Die Richter ordnen für diesen Kreis von Straftätern seit einigen Jahren vermehrt eine sogenannte Maßregel nach § 64 StGB an und folgen dabei dem Prinzip „Therapie vor Strafe“. Diese auf zwei Jahre befristete Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kommt in Frage, wenn eine konkrete Aussicht auf Behandlungserfolg gegeben ist.
Für die Ansiedlung des neuen Angebots am PZN gibt es gleich mehrere Gründe: Ein wichtiges Anliegen war die Schaffung wohnortnaher Versorgungsangebote für die von den Landgerichten Mannheim und Heidelberg Verurteilten. Bisher konnten diese nur im fernen Zentrum für Psychiatrie in Calw-Hirsau untergebracht werden. Nach heutigen Erkenntnissen kann jedoch ein einmal erreichter Therapieerfolg bei einer heimatnahen Behandlung, wie sie auch im Landespsychiatriegesetz explizit vorgesehen ist, dauerhafter gesichert werden. Für das landesweit größte Zentrum für Psychiatrie in Wiesloch sprechen außerdem die bereits vorhandenen Spezialkompetenzen. Dies betrifft sowohl die suchttherapeutische Expertise der Klinik für Suchttherapie und Entwöhnung als auch die Vielzahl bewährter Therapie- und Begleitangebote des Maßregelvollzug. Diese können zukünftig auch für die Behandlung suchtkranker Straftäter nutzbar gemacht werden.
Wenn Mitte 2015 die ersten suchtkranken Straftäter untergebracht werden müssen, will das PZN in jeder Hinsicht perfekt vorbereitet sein. „Wir übernehmen die uns zugewiesene Verantwortung. Daher werden wir alle Vorkehrungen treffen, um einerseits höchst mögliche Sicherheitsstandards zu erfüllen und andererseits ein erfolgversprechendes Therapieumfeld zu schaffen“, erläutert der Geschäftsführer des PZN, Hermann J. Fliß.
Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören der Neubau einer neuen Aufnahme- und Behandlungsstation mit 30 Plätzen im Sicherheitsbereich der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie und die Sanierung eines Altbaus mit 20 Plätzen sowie die Anpassung des umfassenden Sicherheitskonzepts an das neue Klientel. Weiterhin müssen bis 2015 auch 50 neue Stellen mit Fachkräften besetzt werden, die für die hoch spezialisierten Pflege- und Therapieaufgaben in einer forensischen Klinik geeignet sind.
Mit vielfältigen Informationsveranstaltungen und Dialogangeboten wird das PZN die interessierten Bürger über das Fortschreiten des Vorhabens auf dem Laufenden halten.
Einen ausführlichen Frage + Antworten-Katalog haben wir für Sie bereits erstellt.