Bei Menschen, die im Zusammenhang mit einer psychischen Erkrankung oder Sucht Straftaten begangen haben, ordnen die zuständen Gerichte meist eine Unterbringung in forensisch-psychiatrischen Kliniken an. Anders als im Strafvollzug in einem Gefängnis erhalten diese forensischen Patienten während des sogenannten Maßregelvollzugs Therapien, die sie auf eine Rückkehr in ein „normales“ Leben ohne Straftaten vorbereiten. Doch wie können einmal erreichte Behandlungserfolge bei diesen oftmals von Psychosen, Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen Betroffenen auch langfristig gesichert werden? Beim 2. Forensischen Nachsorgesymposium, das am 7. November 2013 in Wiesloch stattfand, wurde deutlich, wie sehr sich in dieser Frage die ambulante Nachsorge bezahlt macht. Werden die Entlassenen in einer forensisch-psychiatrischen Ambulanz fachgerecht betreut, senkt dies erheblich die Gefahr, dass Maßregelpatienten jenseits der Klinikmauern erneut straffällig werden.
Am Psychiatrischen Zentrum Nordbaden (PZN) in Wiesloch, das die Veranstaltung mit rund 170 Teilnehmern ausrichtete, nahm die Forensische Ambulanz Wiesloch am PZN vor zehn Jahren als Modellprojekt ihre Arbeit auf. Heute gibt es neben dieser größten Fachambulanz für entlassene Maßregelvollzugspatienten in Baden-Württemberg auch an den fünf weiteren Kliniken für Forensische Psychiatrie im Land ambulante Betreuungsangebote. Bundesweit werden in den 69 Forensischen Einrichtungen, die Nachsorgemaßnahmen anbieten, nahezu jährlich 6.000 Patienten ambulant versorgt. „Die ambulante Weiterbehandlung und psychosoziale Unterstützung erstreckt sich bei uns in Wiesloch durchschnittlich über etwa fünf Jahre. Mit dieser intensiven Nachsorge haben wir eine hochwirksame Maßnahme geschaffen, um erneuten Straftaten vorzubeugen. Außerdem können wir dank der Arbeit unserer forensisch-psychiatrischen Ambulanz in vielen Fällen Maßregelpatienten ohne Sicherheitsrisiko frühzeitiger aus der vollstationären Unterbringung entlassen,“ erläuterte Dr. Christian Oberbauer, Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am PZN.
Auch aktuelle Zahlen aus weiteren Bundesländern belegen eindrucksvoll den Erfolg forensisch-psychiatrischer Nachsorge bei der Vermeidung von Deliktrückfälligkeit. So präsentierte Roland Freese, Ärztlicher Direktor der Vitos forensisch-psychiatrischen Ambulanz in Haina in seinem Referat die Ergebnisse einer Langzeiterhebung in Hessen. Von insgesamt 1.358 Personen, die sich nach der Entlassung aus dem Maßregelvollzug in einer Nachsorgebetreuung befanden, wurden lediglich vier Prozent mit einer neuen Straftat rückfällig. Das ist erheblich weniger als die Rückfallgefahr bei Maßregelpatienten, die keine Nachsorge erhalten, und unterscheidet sich noch deutlicher von der Deliktrückfälligkeit bei Straftätern, die aus einer Justizvollzugsanstalt entlassen werden: Mehr als jeder zweite setzt hier seine kriminelle Karriere fort.
Die Ergebnisse einer Studie aus Nordrhein-Westfalen präsentierte Professor Dr. Dieter Seifert. Der Ärztliche Direktor der Christophorus Fachklinik für Forensische Psychiatrie in Münster zeigte, unter welchen Voraussetzungen die forensische Nachsorge besonders gute Ergebnisse bringt. Zu den Erfolgsfaktoren zählen die gute Ausbildung der Mitarbeiter ebenso wie regelmäßige Helferrunden und behutsames Vorgehen bei Veränderungen der persönlichen Situation des Patienten. Neben dem Einhalten von Behandlungs- und Medikamentenplänen spielen auch die Möglichkeiten frühzeitig einen Kontakt zum Bewährungshelfer aufzubauen und eine regelmäßige Arbeit zu verrichten eine wichtige Rolle.
In der Rhein-Neckar-Region sorge ein gut funktionierendes Nachsorge-Netzwerk für positive Rahmenbedingungen, so Dr. Oberbauer. Das dreizehnköpfige Team der PZN Forensik-Ambulanz Wiesloch arbeite Hand in Hand mit zuverlässigen Kooperationspartnern wie beispielsweise Justizvertretern, sozialpsychiatrischen Diensten und weiteren Wiedereingliederungseinrichtungen außerhalb Wieslochs.