Beim vierten Expertengespräch, zu dem die Bildungszentrum Gesundheit Rhein-Neckar GmbH am 9. Mai 2014 unter dem Motto „Pflege – eine wertvolle Ressource für die Zukunft“ nach Wiesloch eingeladen hatte, gingen Vertreter der Pflegewissenschaft, der Pflegepädagogik und des Pflegemanagements gemeinsam mit Repräsentanten der Berufspolitik den Ursachen von Fehlentwicklungen im Pflegesektor auf den Grund. Im Expertenaustausch suchten sie nach praktikablen Wegen für eine angemessene Positionierung der unterschiedlichen Pflegeberufe. Ohne diese – so waren sich die Veranstalter, BZG-Schulleiterin Andrea Senn-Lohr und Geschäftsführer Walter Reiß mit den Teilnehmern einig – werde es auch zukünftig keine Lösung für die Herausforderungen der Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft geben. Unumstritten blieb im Verlauf des Expertengesprächs die Feststellung, dass sich die professionell Pflegenden selbst viel stärker in die Positionierung der Berufsgruppe einbringen und aktiv ihre Kompetenzen sichtbar machen müssen.
Keine Pflegereform ohne die Profession der Pflegenden!
„Die 1,2 Millionen professionell Pflegenden in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen Deutschlands befinden sich mittlerweile nicht mehr auf dem politischen Abschiebebahnhof. Im Hinblick auf die Inhalte des Koalitionsvertrags gibt es durchaus Lichtblicke,“ berichtete der Präsident des Deutschen Pflegerats, Andreas Westerfellhaus. Bei allem Optimismus gab er zu bedenken, dass jede auch noch so überfällige Pflegereform bereits im Ansatz verpuffen werde, solange sich die politisch Verantwortlichen nicht prioritär mit der Frage beschäftigen, durch wen professionelle Pflegeleistungen in Zukunft erbracht werden sollen.
Bei einem alten, etablierten Beruf wie dem der Pflege dürfte sich die Frage nach der Kompetenz eigentlich erübrigen, stellte Professor Dr. Sabine Bartholomeyczik von der Universität Witten/Herdecke resigniert fest. Die Realität zeige jedoch, dass Pflege als Einsparpotential betrachtet oder als Aufgabe für gutmeinende Laien reduziert werde. Dass die Pflege im Krankenhaus zunehmend unsichtbar sei, lasse sich u.a. auf das DRG-Entgeltsystem zurückführen, da es Pflegeleistungen als kaum erlösrelevant einstufe.
Mit der Bildung pflegerischer Kompetenz befasste sich Professor Dr. Sandra Bensch von der Katholischen Hochschule Mainz. Zu beantworten sei die Frage, wie sich die unterschiedlichen Qualifikationen der Pflegehelfenden, examinierten Fachkräfte und des akademischen Pflegebachelors sinnvoll ergänzen können. Dabei gelte es nicht nur, die fachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenzen auszugestalten, sondern auch den jeweiligen Reflexionsgrad und Handlungsfokus in den Pflegealltag einzuplanen.
Schlechtes Image, schlechte Bezahlung, fehlende Anerkennung machte Peter Bechtel, Vorsitzender des Bundesverbandes Pflegemanagement e.V. mit Sitz in Berlin, verantwortlich für die Zurückhaltung junger Menschen, sich für einen Pflegeberuf zu entscheiden. Mehr Wertschätzung sei der Schlüssel, um die Attraktivität von Arbeitsplätzen in der Pflege zu steigern. Doch wer nur auf eine pauschale Besserbezahlung setze, werde das Nachsehen haben. „Es riecht nach Schweige- oder Schmerzensgeld!“, warnte der Pflegemanager.
Hintergrundinformationen - Die Pflegefachschule BZG im Kurzporträt
Im Jahr 2009 haben sich ausbildungserprobte Krankenpflegeschulen der GRN Gesundheitszentren Rhein-Neckar und die Krankenpflegeschule des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden (PZN) zur Bildungszentrum Gesundheit Rhein-Neckar GmbH zusammengeschlossen. Seit April 2010 arbeitet die Pflegefachschule in einem umfassend sanierten, denkmalgeschützten Gebäude auf dem Parkgelände des PZN in Wiesloch. Verteilt auf sechs Ausbildungskurse werden gegenwärtig bis zu 180 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Neben der dreijährigen Qualifizierung in der Gesundheits- und Krankenpflege bietet die BZG in Kooperation mit der Katholischen Hochschule Freiburg auch ein ausbildungsintegriertes akademisches Studium an. Aktuell absolvieren 13 Studenten dieses neun-semestrige Studium, das zum „Bachelor of Arts in Pflege“ führt.
Darüber hinaus startet die BZG zum September 2014 mit der einjährigen Ausbildung „Gesundheits- und Krankenpflegehilfe“, die eine niederschwellige Zugangsmöglichkeit zur dreijährigen Ausbildung bietet.
Mit der Veranstaltungsreihe „Expertengespräche“ griff die BZG am 9. Mai 2014 bereits im vierten Jahr aktuelle Fragen mit hoher Relevanz für den Berufssektor der professionell Pflegenden auf. Im Kreise der Vertreter aus der Berufspolitik, der Pflegewissenschaft, des Pflegemanagements und der Pflegepädagogik werden Lösungsstrategien und Handlungsempfehlungen entwickelt, die geeignet sind, auch Umsetzungsprozesse anzustoßen. Die fünften Expertengespräche finden am 8. Mai 2015 in der Bildungszentrum Gesundheit Rhein-Neckar GmbH in Wiesloch statt.